Vom antiimperialistischen Kämpfer zum Vasallen der Sowjetunion: Zum Tod von Fidel Castro
27.11.16 - Vorgestern verstarb Fidel Castro Ruz im Alter von 90 Jahren; er war 47 Jahre Staatspräsident und lange Vorsitzender der Kommunistischen Partei Kubas. Geboren wurde er am 13. August 1926 in Biran im Osten Kubas. Er ging mit den Kindern der Landarbeiter zur Schule und lernte schon als kleiner Junge die bittere Armut kennen, in der die meisten Kubaner lebten. Er studierte Jura in Havanna, gründete eine Anwaltskanzlei und beteiligte sich am Kampf gegen Diktator Batista. Unter der Führung von Fidel Castro und Che Guevara wurde 1959 die US-Marionette Batista gestürzt.
Nach der erfolgreichen antiimperialistisch-demokratischen Revolution beschritt Kuba zunächst den sozialistischen Weg der nationalen Befreiung. Das Land begann eine Industrialisierung, um die neokoloniale Wirtschaftsstruktur zu überwinden, führte eine Agrarreform durch und verstaatlichte wesentliche Produktionsmittel. Erstmals gab es eine kostenlose Bildung und Gesundheitsversorgung, Kindergärten, Förderung von Frauen und weitere soziale Errungenschaften. Kuba vergrößerte die Waldfläche von 13,6 (1959) auf 29,3 Prozent der Insel (2015). Eine Korrespondentin berichtet von einer Kubareise, dass noch heute die Vorwarnung vor Hurrikans, die Schulung zum Verhalten und Hilfe für Betroffene vorbildlich und wirkungsvoll ist. Fidel Castro genießt in Kuba noch immer Ansehen.
Nach der Enteignung amerikanischer Firmen verschärften die USA ihre Aggressionen gegen Kuba. Sie unterstützten 1961 die gescheiterte militärische Invasion von Exilkubanern in der Schweinebucht und verhängten eine Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade. In dieser Situation wandte sich Kuba an die Sowjetunion und ersuchte um wirtschaftliche und militärische Hilfe.
In der Sowjetunion hatte damals die neue Bourgeoisie ausgehend vom 20. Parteitag der KPdSU 1956 den sozialistischen Weg verraten. Sie leistete die Hilfe an Kuba nicht im Geist des proletarischen Internationalismus. Sie war auf dem Weg zur sozialimperialistischen Supermacht. Statt Kubas Industrialisierung und den Aufbau einer eigenständigen Wirtschaft zu fördern, fixierte die Sowjetunion das Land auf die Zuckerrohr-Monokultur und brachte es durch ungleiche Handelsbeziehungen in neue neokoloniale Abhängigkeit.
Mit der Stationierung von Mittelstreckenraketen auf Kuba provozierte die Sowjetunion einen dritten Weltkrieg. In "Krieg und Frieden und die sozialistische Revolution" - Nr. 22 des theoretischen Organs der MLPD, Revolutionärer Weg - wird die Entwicklung der Kubakrise 1962 und die skrupellose Politik der Sowjetunion detailliert analysiert und nachgewiesen: "Warum in aller Welt hat man dann Raketen auf Kuba stationiert? Dafür gibt es keine andere Erklärung als das Abenteurertum der sowjetischen Führer, das Ausdruck ihres sozialimperialistischen Machtstrebens ist." (Seite 232)
Die Partei- und Staatsführung unter Castro wandelte Kuba zu einem Anhängsel des sowjetischen Sozialimperialismus. Dies bewirkte Kubas gesellschaftlichen Niedergang. Die kubanische Revolution hatte von Beginn an nicht unter Führung der Arbeiterklasse gestanden. Das machte sie trotz aller Opferbereitschaft blind gegenüber dem modernen Revisionismus aus Moskau. Che Guevara, ein selbstloser Revolutionär, kritisierte als Industrieminister Kubas in einer Rede auf der 2. Afro-Asiatischen Wirtschaftskonferenz 1965 den "unmoralischen Charakter" der ungleichen Handelsbeziehungen. Er stellte fest, dass die Sowjetunion und andere RGW-Länder damit in "gewisser Weise Komplizen der imperialistischen Ausbeutung sind".
Nach der Festnahme Che Guevaras in Bolivien verweigerte ihm die kubanische Führung unter Fidel Castro die Solidarität. Castro tat nichts, um internationale Unterstützung zu organisieren und die Exekution Che Guevaras zu verhindern. Wegen seiner konsequenten selbstlosen Haltung wird Che heute in Kuba und weltweit als Freiheitskämpfer verehrt und ist ein Vorbild für die Jugend.
Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der Auflösung des Ostblocks setzten Fidel Castro und ab 1996 sein Bruder Raul als Staatspräsident mit der sogenannten "Öffnung Kubas" den kapitalistischen Weg durch die Zusammenarbeit mit dem westlichen Imperialismus fort. Alle imperialistischen Staaten hoffen mit der weiteren Öffnung für ausländisches Kapital auf die wirtschaftliche Durchdringung und politische Einflußnahme.
In ihrer Beileidsbekundung zum Tod von Fidel Castro schreibt sich die revisionistische Deutsche Kommunistische Partei (DKP) auf die Fahnen, sie habe immer auf der Seite des kubanischen Volkes gestanden. Das ist nicht wahr. Sie hat zusammen mit Fidel Castro die hoffnungsvolle Revolution verraten und die neokoloniale Abhängigkeit von der Sowjetunion bejubelt.
Es liegt am kubanischen Volk, die Lehren aus dem Verrat am sozialistischen Weg der nationalen Befreiung und der Verwandlung Kubas in ein abhängiges bürokratisch-kapitalistisches Land zu ziehen. Bis heute verteidigt das Volk eine fortschrittliche Sozialpolitik gegenüber anderen Ländern, z.B. durch die Entsendung von Ärzten nach Venezuela. Mit dem Aufbau einer marxistisch-leninistischen Partei können die kampferprobten Kubanerinnen und Kubaner einen neuen Aufschwung des Kampfs für den echten Sozialismus einleiten.
Lektüre-Tipps und ein Filmhinweis:
- Revolutionärer Weg 22/1983: Krieg und Frieden und die sozialistische Revolution S. 226ff. Analyse der Kubakrise 1962
- Revolutionärer Weg 25/1993: Der Neokolonialismus und die Veränderungen im nationalen Befreiungskampf S. 182ff. Die Erniedrigung Kubas zu einem Anhängsel des Sozialimperialismus.
- Revolutionärer Weg 32/2011: Strategie und Taktik der internationalen sozialistischen Revolution. S. 126f
- Mitreißende Schilderung der kubanischen Revolution: der Film "Ich bin Kuba", den der russische Regisseur Mikhail Kalatozov 1964 drehte.