Leninistische Theoriebildung als ideologisch-politische Grundlage der Oktoberrevolution
Bestehende Übersetzungen
- Leninistische Theoriebildung als ideologisch-politische Grundlage der Oktoberrevolution
- Leninist Theory Building as Ideological-Political Foundation of the October Revolution
- Formación de teoría leninista como fundamento ideológico-político de la Revolución de Octubre
- La conception théorique léniniste comme base idéologico-politique de la Révolution d'octobre
- Формирование ленинистcкой теории как идеологическая основа Октябрьской революции
Die große Oktoberrevolution 1917 hatte in der Geschichte der Menschheit erstmals eine Übergangsphase vom Kapitalismus zum Sozialismus eingeleitet. Auch wenn die Auslösung der proletarischen Revolution in den übrigen imperialistischen Ländern ausblieb, so war die Oktoberrevolution doch ein bahnbrechender historischer Erfolg auf der Grundlage der Einheit von revolutionärer Theorie und Praxis.
Er war nur möglich durch eine vorangegangene allseitige weltanschauliche Auseinandersetzung durch Lenin in allen Kernfragen, welche der revolutionäre Parteiaufbau und die proletarische Revolution praktisch zu lösen hatten. Unter verschiedenen Organisationen und Parteien, die heute die Bedeutung der Oktoberrevolution für die Zukunft der Menschheit verteidigen, wird oft gerade diese ausschlaggebende Bedeutung der theoretischen, weltanschaulichen Arbeit als Vorgefecht der internationalen sozialistischen Revolution noch gering geschätzt. Es gilt aber von der Lenin‘schen Theorie und Methode zu lernen, mit der er die ideologische, politische und organisatorische Grundlage der Oktoberrevolution im Kampf gegen alle Schattierungen der bürgerlichen Ideologie und kleinbürgerlichen Strömungen in der Arbeiterbewegung ausgearbeitet und durchgefochten hat.
Lenin sagte, „Ohne revolutionäre Theorie kann es auch keine revolutionäre Bewegung geben...die Rolle des Vorkämpfers kann nur eine Partei erfüllen, die von einer fortgeschrittenen Theorie geleitet wird.“ Er studierte die Schriften von Marx und Engels, insbesondere ihre dialektisch-materialistische Methode und wendete diese auf die Analyse der Entwicklung des Kapitalismus in Russland ebenso an, wie auf den Kampf um die proletarische Partei und ihre Strategie und Taktik. Er führte einen unversöhnlichen ideologischen Kampf gegen die idealistischen Auffassungen der Volkstümler, die sich gegen die Entwicklung des Kapitalismus in Russland wandten und davon ausgingen, dass die Bauernschaft und nicht die Arbeiterklasse, die Hauptrolle in der Revolution spielen müssten. Lenin wies dagegen nach, dass sich gerade aus der Umwandlung der feudalen in die kapitalistische Produktionsweise auf dem Lande mit dem modernen Industrieproletariat auch die entscheidende revolutionäre Kraft herausbildete. Er entwickelte die Idee des Bündnisses der Arbeiter und der Bauern. Daraus sind Lehren für heute zu ziehen, wo sich die kapitalistische Produktionsweise weltweit durchgesetzt hat, es aber Länder gibt, wo auf dem Lande noch feudale oder halbfeudalen Verhältnisse fortbestehen.
Seine 1902 in München erstellte Schrift „Was tun?“ war nicht nur ein leidenschaftlicher Appell, sich besser zu organisieren und das zu diesem Zeitpunkt im Parteiaufbau noch vorherrschende Zirkelwesen und die Handwerkelei zu überwinden. Sie war eine systematische weltanschauliche Auseinandersetzung mit dem Einfluss der bürgerlichen und kleinbürgerlichen Ideologie in Form einer Anbetung der Spontanität und der Verneinung der führenden Rolle der Partei. Ein Verzicht auf die Ausarbeitung und ständige Weiterentwicklung einer ideologisch-politischen Linie für die heutige Zeit würde die Revolutionäre zum Nachtrab hinter der spontanen Bewegung der Massen verurteilen. Diese nimmt heute in vielen Ländern einen Aufschwung, ist dabei aber mehr oder weniger von bürgerlichen bzw. kleinbürgerlichen Vorstellungen beeinflusst. Vorrangig ist daher der Aufbau einer marxistisch-leninistischen Partei in jedem Lande, wozu Lenin mit seiner Schrift „Ein Schritt vorwärts, zwei Schritte zurück“ eine klare ideologische Grundlage entwickelt hat. Dies zur Richtlinie nehmend, hat die MLPD unter den komplizierten Bedingungen des deutschen Imperialismus und der Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion eine revolutionäre Partei neuen Typs aufgebaut, eine Partei, die auf der Grundlage der proletarischen Denkweise arbeitet.
Nach der Niederlage der Revolution 1905 schrieb Lenin im Kampf gegen das aufgekommene Liquidatorentum, zumeist getragen von kleinbürgerlichen Intellektuellen in der Partei, das Werk „Materialismus und Empiriokritizismus“. Er verteidigte darin den dialektischen Materialismus gegen einen philosophischen Revisionismus und seine Versuche, den Idealismus im Gewande des Marxismus wiederzubeleben. Dies und die später verfassten Schriften „Philosophische Hefte“, aber auch kürzere Artikel wie „Zur Frage der Dialektik“ sind unverzichtbare theoretische Waffen, um mit dem Empiriokritizismus neuen Typs, dem heutigen weitverbreiteten Positivismus, fertig zu werden. Er ist eine weltanschauliche Grundlage des modernen Antikommunismus und leugnet die Existenz objektiver, vom Willen der Menschen unabhängig wirkender Gesetzmäßigkeiten in Natur und Gesellschaft. Damit negiert er auch die Notwendigkeit und Möglichkeit, eine wissenschaftliche Strategie und Taktik zur Revolutionierung der Gesellschaft auszuarbeiten und zu verwirklichen.
Unter Berücksichtigung der neuen Erscheinungen und wesentlichen Veränderungen durch die Entwicklung des Kapitalismus der freien Konkurrenz zum Monopolkapitalismus/Imperialismus hat Lenin den wissenschaftlichen Sozialismus entscheidend weiterentwickelt. Sein bahnbrechendes – bis heute in seinen Grundaussagen immer wieder bestätigtes Werk entstand: „Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“. Er qualifizierte darin das Wesen des Imperialismus, das seine Allgemeingültigkeit bis heute nicht verloren hat: „Der Imperialismus ist die Epoche des Finanzkapitals und der Monopole, die überallhin den Drang nach Herrschaft und nicht nach Freiheit tragen. Reaktion auf der ganzen Linie, gleichviel unter welchem politischen System äußerste Zuspitzung der Gegensätze auch auf diesem Gebiet – das ist das Ergebnis dieser Tendenzen.“ („Der Imperialismus als höchstes Stadium des Kapitalismus“, Lenin, Werke, Bd. 22, S.302) Lenin bezeichnete den Zarismus als einen „militärisch-feudalen Imperialismus“ (zitiert in Stalin, „Über die Grundlagen des Leninismus“, Werke, Bd. 6, S. 67). Auf dieser Grundlage erwies sich während des 1. imperialistischen Kriegs die bolschewistische Partei als die einzige Partei, die nicht auf die sozialchauvinistische Position der Vaterlandsverteidigung abglitt, sondern der Sache des Sozialismus und des Internationalismus treu blieb und die Revolution gegen die imperialistische Regierung des eigenen Landes organisierte.
Von August bis September 1917 verfasste Lenin sein Werk „Staat und Revolution“. Dies war nicht nur eine Widerlegung des vorherrschenden Opportunismus in der Frage des Staates in der großen Mehrheit der Parteien der II. Internationale, sondern eine ideologische Vorbereitung der Bolschewiki auf die Durchführung der proletarischen, sozialistischen Revolution. Er begründete darin, anknüpfend an den Lehren von Marx und Engels über die Diktatur des Proletariats als Übergangsgesellschaft vom Kapitalismus zum Kommunismus, wie dieser Übergang unter den konkreten sozial-ökonomischen Bedingungen Russlands verwirklicht werden konnte.
Lenin ging in seiner Imperialismusanalyse von der inneren Beweglichkeit und Veränderung des Imperialismus aus. In seiner Dezember 1917 veröffentlichten Schrift „Um Brot und Frieden“ schrieb er: „Der Kapitalismus, der sich zum Imperialismus, das heißt zum monopolisierten Kapitalismus entwickelte, hat sich unter dem Einfluss des Krieges in den staatsmonopolistischen Kapitalismus verwandelt. Diese Stufe der Entwicklung der Weltökonomie haben wir jetzt erreicht, und sie ist die unmittelbare Vorstufe zum Sozialismus.“ (Lenin Werke, Bd. 26, S.387) Ohne Zweifel spricht Lenin hier selbst von einer neuen Stufe und einer wesentlichen Veränderung in der Entwicklung der politischen Ökonomie des Imperialismus. Dies zeigt, dass zwischen dem allgemeingültigen, also allgemeinen Wesen des Imperialismus und dem sich verändernden besonderen Wesen des Imperialismus zu unterscheiden ist.
Mit der Neuorganisation der internationalen kapitalistischen Produktion seit den 1990er Jahren wurde die Herausbildung internationaler Übermonopole zu einem charakteristischen Merkmal in der Entwicklung des imperialistischen Weltsystems. Die allgemeine Krisenhaftigkeit des Imperialismus entwickelt sich heute universell In den weltumspannenden Produktionsverbünden und den dazu gehörigen Sonderwirtschaftszonen entstand ein länderübergreifendes organisiertes, internationales Industrieproletariat. Dies bedeutet eine qualitative Veränderung der gesellschaftlichen Entwicklung, eine neue Phase in der Entwicklung des Imperialismus und eine Veränderung seines besonderen Wesens, wo sich eine globale Wechselwirkung nationaler und internationaler Klassenkämpfe entfaltet, in der das neu entstandene internationale Industrieproletariat die entscheidende Rolle spielt.
Dieter Ilius/MLPD